Ein Motivator macht Basisarbeit

Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren. Für MdB Johannes Wagner heißt das eine 70-Stunden-Woche. In Kronach leistet der Abgeordnete der Grünen Basisarbeit und zeigt sich dabei ganz nahbar.

Kronach. Wahlkampf – das ist ein Langstreckenmarathon, kein kurzer Sprint. „Aktuell absolviere ich mindestens drei Wahlkampfveranstaltungen pro Tag. Eine 70-Stunden-Woche ist zur Zeit die Regel“, erzählt der Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner am Rande einer Veranstaltung, zu der der Kronacher Kreisverband der Grünen mit seiner Vorsitzenden Edith Memmel eingeladen hat. „Musik, Politik, Stammtisch“ heißt das Motto. Memmel hatte die Idee dahinter kurz erläutert: „Abgeordnete nahbar erleben, Themen auf Augenhöhe vertiefen und die Debattenkultur in der Region fördern, darum geht es hier.“ Entsprechend zünftig haben die Grünen in die Kronacher Brauereigaststätte Kaiserhof eingeladen. Es spielt die Band „Flying Tumbleweeds“; die Stimmung an den Tischen ist gut. „Die Stimmung bei uns Grünen ist insgesamt gut“, resümiert Johannes Wagner. „Wir haben seit dem Bruch der Ampelkoalition einen Zuwachs von 37.000 neuen Mitgliedern, d.h. wir haben uns um gut ein Viertel vergrößert. Das zeigt doch, dass wir mit unseren Themen den Nerv der Menschen treffen.“ Wagner selbst hat sich die Bereiche Klima und Gesundheit, Kindergesundheit, öffentlicher Gesundheitsdienst und Prävention auf die Fahnen geschrieben. Aber auch zu Sozial- und Wirtschaftspolitik hat er etwas zu sagen. „Natürlich variiert die Gewichtung der Themen, die die Menschen speziell vor Ort in meinem Wahlkreis beschäftigen im Vergleich zu denen der großen Linie. Das wird im persönlichen Diskurs schnell klar. Hier in der Region sind die Menschen vor allem an wirtschaftspolitischen Themen interessiert. Wie steht es um die Arbeitsplätze? Wie sichern wir die Energieversorgung für die Glasindustrie nachhaltig? Wie geht es mit der Automobilzulieferindustrie weiter?“ Dann führt er aus: „Mir ist wichtig, dass unsere deutsche Automobilindustrie mit zukunftsweisenden, klimafreundlichen Antriebstechnologien wieder eine führende Rolle im internationalen Wettbewerb einnimmt. Zudem müssen wir bürokratische Hürden abbauen. Ein kleines Beispiel: Sie können mit einem aufgeladenen E-Mobil den energetischen Bedarf eines Einfamilienhauses für einen Monat sichern. Nur im Moment ist

die Nutzung des E-Fahrzeugs als externer Speicher nicht erlaubt. Auch an solche Themen müssen wir ran.“ Der 34jährige Bundestagsabgeordnete hat sich auf die Bank zu seinen Parteifreunden von der Kronacher Basis gesetzt. Er spricht schnell, sprüht geradezu, wenn er auf seine Kernthemen zu sprechen kommt, blickt die Menschen direkt an, sucht den persönlichen Kontakt. Von Müdigkeit einer Woche ohne nennenswerte Pausen ist nichts zu merken.

Wagner ist sich sicher, dass das Wahlergebnis der Grünen bei der anstehenden Bundestagswahl zumindest das Niveau der letzten Wahl erreichen wird. Dafür wolle man einen Faktenwahlkampf führen, so Wagner. Zusammenhänge erklären, die in einer immer komplexer werdenden Welt für viele zunehmend undurchdringlicher werden. Wie Kanzlerkandidat Robert Habeck, so setzt auch Johannes Wagner auf Erklärvideos. „Mehr als 30.000 Menschen habe ich in den letzten 30 Tagen mit diesen Videos über Social Media erreicht“, berichtet er.

Wenn man sich seinen Instagram-Kanal ansieht, dann fallen seine jüngsten Posts zur „Causa Merz / AfD“ ins Auge. Der umstrittene Schulterschluss des CDU-Kanzlerkandidaten in der Asylpolitik mit Union und AfD stößt bei Wagner auf Fassungslosigkeit. „Ich saß an dem ‚Tag des Tabubruchs‘ im Plenum des Bundestags. Das war unfassbar. Geradezu ekelhaft. Die AfD hing sich fröhlich in den Armen. Abgeordnete von SPD und Grüne waren schockiert, manche hatten Tränen in den Augen; auch in der CDU-Fraktion herrschte in weiten Teilen große Betroffenheit.“ Ich kann nur appellieren: „Herr Merz, kommen Sie zurück in die Mitte!“ Ob er sich dennoch eine schwarz-grüne Koalition vorstellen könne? Wagner überlegt kurz. „Die demokratischen Parteien müssen offen sein und zumindest miteinander reden.“

Und dann hält er in der Kronacher Kaiserhof-Gaststätte einen Impulsvortrag. Überreißt faktenreich und mit viel Verve die Themen, für die er in seinem Wahlkampf steht: da geht es um Klimaschutz, Ressourcenschonung, eine gerechte Sozial- und Steuerpolitik, eine Bildungsoffensive und Investitionen in Infrastruktur und Innovationskraft. Er schneidet dabei das Thema Bahn an, den ÖPNV und die Notwendigkeit, ländliche Räume besser anzubinden. „Wir machen nicht Politik für Eliten“, unterstreicht er. „Wir machen Politik für alle

Bürgerinnen und Bürger. Gemeinsam können wir Oberfranken zu einer Modellregion für Nachhaltigkeit und Lebensqualität entwickeln.“

Dann wird an den Biertischen heftig debattiert und Wagner kommt mit Parteifreunden und einigen, die aus Interesse gekommen sind, ins Gespräch. Da geht es dann um Themen wie den Ärztemangel und die Budgetierung für Fachärzte bis hin zum Verfall der politischen Debattierkultur.

Eineinhalb Stunden dauert der offizielle Teil. Dann muss Wagner los. Die Bahn, mit der er konsequent zu seinen Terminen reist, wartet nicht. Die Stimmung, die er an diesem Abend in Kronach hinterlässt: motiviert und optimistisch. Und dann wird klar, was der Besuch eines engagierten Bundestagsabgeordneten bei der Basis bewegen kann, wenige Wochen vor der Bundestagswahl und mit Blick auf die anstehende Kommunalwahl.

Zur Person:

Johannes Wagner ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Als ordentliches Mitglied im Gesundheitsausschuss und stellv. Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bearbeitet er unter anderem die Themen Klima & Gesundheit, Kindergesundheit, öffentlicher Gesundheitsdienst sowie Prävention. Außerdem ist er stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses für Globale Gesundheit und Mitglied im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung. Davor hat er als Kinderarzt in Weiterbildung in einem Coburger Krankenhaus gearbeitet. Während seines Studiums der Medizin war er u.a. 2016 bis 2018 Jugenddelegierter für Nachhaltige Entwicklung bei den Vereinten Nationen.

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.

Verwandte Artikel