Gemeinsam eine klimaneutrale
Gesellschaft verwirklichen
Kommt nach dem Fortschritt kommt der Rückschritt? 20 Jahre nach Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes soll die sichere Vergütung für produzierten Ökostrom enden. Das betrifft Wind- und Bioenergieanlagen, vor allem aber die Solarenergie. Nun stellen sich viele die Frage: wie geht es weiter?
Kronach – „Die Zeichen stehen auf erneuerbare Energien“, ist Bundestagsabgeordnete Lisa Badum überzeugt. Klima und Umwelt sind inzwischen für sehr viele ein entscheidendes Thema. Viel verspricht sie sich, dass nunmehr die Auto- und Stahlindustrie mit im Boot zur Energiewende sind. „Wir brauchen eine zweite Phase des Energiewandels“ appellierte sie. Es müsse gelingen, die Bevölkerung mitzureißen.
„Dieses Gespräch ist ein Anfang“, erklärte Grünen-Kreisvorsitzende Edith Memmel bei einem Expertengespräch über Klimapolitik und Energiewende mit Bundestagsabgeordneter Lisa Badum in der Kronacher Synagoge. Diese sprach von einer großen Vision, dass wir eine klimaneutrale Gesellschaft schaffen und möglichst in Kreisläufen leben und wirtschaften.
Auch wenn es den Grünen zu lange dauert wurde der Kohleausstieg beschlossen, sah die Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion Lisa Badum durchaus positive Zeichen. Warum die Kohlekonzerne noch 4,3 Milliarden Euro Entschädigung bekommen sollen versteht sie nicht. Die Verträge sind noch nicht unterschrieben und die EU-Kommission prüft, ob die Konzerne einen Wettbewerbsvorteil bekommen.
„Wir brauchen eine Bürger-Energiewende“ forderte sie im Hinblick, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger selbst Anlagen bauen oder gemeinsam betreiben. Großkonzerne sind nur an riesigen Energieparks interessiert. Positiv wertet sie, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier jetzt auch auf den Klimazug aufspringt, wenn er auch noch wenig Konkretes sagt.
Die EEG-Novelle im ersten Entwurf war völlig unzureichend. Immerhin wurden inzwischen leichte Verbesserungen erreicht. Zunehmen erreichten PV- und Windanlagen ein Alter von 20 Jahren, deren Wegfall von der Stromerzeugung Potential verschenke. „Hier braucht es Druck von unten“, ruft die Grünenpolitikerin auf. Immerhin gehe es um 1,5 Millionen Menschen, die eine Photovoltaikanlage betreiben.
Eigentlich sei die Energiewende ein Betriebsunfall der Geschichte. Anfangs glaubte kaum jemand an deren Erfolg und die Strombosse unterschätzten völlig das Potential der erneuerbaren Energien. Erst als immer mehr eigenen Strom erzeugten und immer mehr kleine Anlagen ans Netz gingen merkten die „Großen“, dass sie hier etwas verpassen. Große Stromkonzerne seien aber nicht an kleineren Anlagen interessiert, sondern an großen mit viel Gewinn. „Wir brauchen eine demokratische Energiewende“, appellierte die Grünen-Politikerin. Dies sei eine große Chance für Stadtwerke.
Die heimischen Grünen wollen sich gemeinsam mit den Coburger Grünen selbst informieren und Wissen aneignen, darüber diskutieren und an die Menschen der Region weitergeben, um die Energiewende gemeinsam voranzubringen und weiterzuentwickeln. „Im ganzen Land gibt es derzeit viel Verunsicherung“, stellte Edith Memmel fest. Baden-Württemberg habe voran gebracht bei allen Bauten Photovoltaik in passender Größe vorzusehen. Auch Zuschüsse für Regenrückhalteanlagen bei Privaten wurden dort angesichts der Klimaveränderungen beschlossen. Bei Gas und Öl sind einfach die CO²-Belastungen nicht eingepreist.
„Wie können wir regenerative Energien in unseren Alltag einbauen?“, fragte Sophia Heinlein. Sie appellierte, die Möglichkeiten von Corona-Förderungen auch als Aufbruch zu nutzen, innovativ, gerecht und generationenübergreifend die erneuerbaren Energien voranzubringen.
Das Erneuerbare Energien-Gesetz ermöglichte es, dass die Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien bezahlbar wurden, erinnert Klaus Knorr. Inzwischen ist diese Energieerzeugung voll konkurrenzfähig. Nun befürchtet er, dass mit der Neufassung des Erneuerbare Energien-Gesetzes vieles wieder zurück gedreht werden könnte. „Da sind furchtbare Sachen im Gange“ sorgt er sich. Rasch mehr getan müsse etwas für die Verwendung der durch die Waldschäden anfallenden Holzmengen, etwa durch mehr Hackschnitzelheizungen im öffentlichen Bereich.
Die Energiewende ist eine Herausforderung, unterstrich Stefan Klinger deren Bedeutung. Alle die ihren eigenen Strom produzieren sind glücklich über ihre Entscheidung, betont Bernd Berlips (Energievision Frankenwald).
Eine Nachfrage in seiner Heimatgemeinde nach einer solaren Baupflicht habe nur Ablehnung bekommen, bedauerte Josef Schedel. Wir engagieren uns als Praktiker der Energiewende, meinte seine Frau Birgit Schedel.
Beim Thema Klimaschutz darf der Umweltschutzgedanke nicht fehlen, erklärt Florian Wagner (Biologe an der Ökologischen Bildungsstätte Mitwitz). So sei festzustellen, dass im Umfeld von Biogasanlagen es auch zu einer intensivieren Nutzung der Flächen kommt. Anfangs war mehr Gülleverbrennung angedacht, letztlich werde immer mehr Mais angebaut und verbrannt. Bei großflächigen Photovoltaik-Anlagen könnten Klima- und Umweltschutz gut zusammengebracht werden. Pläne der Firma Münch mit solchen Anlagen und darunter Beweidung seien eine perfekte Sache.
Landwirt Ewald Münch hofft eine solche Anlage verwirklichen zu können und darunter Schafe zu halten.
MdB Lisa Badum will keinen neuen Biogasanlagen, die bestehenden aber zum Teil der Energiewende beibehalten. Diese könnten einfach Zeiten mit wenig Wind und Sonne fehlenden Strom ausgleichen helfen.
In Kronach behindert die stärkste Fraktion im Stadtrat erneuerbare Energien, ärgert sich Stadtrat Peter Witton. Sabine Konrad-Schwämmlein beteiligt sich bei der Nacht der Nachhaltigeit und hat persönlich viel umgesetzt und arbeitet im Nachhaltigkeitsmanagement bei einem Kronacher Autozulieferer. Viel dazulernen und mitwirken will die Grünen-Kreisrätin Elena Pietrafesa. Noch einige weitere Interessierte waren dabei.
Wind und Sonne sind auch Grundlage für Wasserstoff, unterstrich Manfred Drechsler. Seit 2012 gibt es Probleme. „Wir werden richtig gegängelt. Wir können nicht richtig loslegen und Anlagen bauen, um ökologischen Strom zu erzeugen.“ rg
Altanlagen erhalten
Kronach – Bei Photovoltaikanlagen die 20 Jahre alt werden war lange ein Weiterbetrieb in der EEG-Gesetzesnovelle nicht vorgesehen. Jetzt ist im Entwurf vorgesehen, dass diese nicht abgebaut werden müssen. „Wer einen Beitrag zur Energiewende leistet dürfe nicht nur Probleme haben“, verlangte MdB Lisa Badum. Unbedingt muss eine erträgliche Lösung gefunden werden.
Bei den Anlagen könne von einer Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren ausgegangen werden, erklärt Solar-Pionier Manfred Drechsler. Wind und Gas seien auch Grundlage für die Produktion von Wasserstoff. Seit 2012 gibt es Probleme. „Wir werden richtig gegängelt. Wir können nicht richtig loslegen und Anlagen bauen, um ökologischen Strom zu erzeugen.“
Für die aus der Förderung fallenden Altanlagen hat Manfred Drechsler einen einfachen Vorschlag: Diese laufen einfach weiter und liefern regenerativen Strom, die Einspeiser erhalten den Börsenpreis, derzeit 4,6 bis 4,8 Cent je Kilowattstunde. rg
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