„Catcalls of…“ – Mehr als „nur“ sexuelle Belästigung ankreiden!
Lisa Bunzel [2. Sprecherin der Grünen Jugend Oberfranken] erzählt von ihren persönlichen Beweggründen, wieso sie „CATCALLS OF HOF“ gegründet hat und warum diese Form von Aktivismus wichtig ist.
Den März zum Frauenmonat machen und mit verschiedensten Aktionen die aktuellen Herausforderungen und Facetten des Frauseins im Netz sowie auch in den analogen Medien in den Mittelpunkt stellen. Dieses Ziel hat sich eine Gruppe engagierter Grüner Frauen mit Unterstützung des Bezirksverbands der Grünen Oberfranken gesetzt. Teil dieser Aktion ist auch eine vierteilige Interview-Serie, in der jeden Freitag im März eine engagierte Frau im Mittelpunkt steht. Die Interviews nehmen dabei verschiedenste Fragestellungen zum Thema Frausein in den Blick. Den Abschluss macht Lisa Bunzel, die seit Oktober 2020 eine der Sprecherinnen der Grünen Jugend Oberfranken ist. In dem Interview geht es aber nicht um ihre Arbeit als Grünen Mitglied, sondern um ihre Tätigkeit als Aktivistin gegen (sexuelle) Belästigung.
Wie definierst Du Frausein?
„Frau sein bedeutet für mich gegen das Patriarchat zu sein. Schon seit klein auf muss ich mich mit Vorurteilen herumschlagen und darf mir bis heute immer wieder anhören, dass ich angeblich etwas nicht könne, weil ich eine Frau bin oder dass ich Verhaltensweisen ablegen sollte, weil diese zu maskulin seien. Nur weil ich als Kind nicht gerne rosa getragen habe oder Puppen lieber mit Stiften angemalt und deren Haare mit einer Schere abgeschnitten habe oder meine Lieblingsfarbe seit ich denken kann grün ist und nicht pink, heißt das nicht, dass ich mich jemals männlich gefühlt habe. Ich wusste schon immer, dass ich von einem Mädchen zu einer Frau heranwachsen werde.
Frau sein heißt für mich eine Kämpferin zu sein. Kämpfen, dass Klischees weggeräumt werden und Dinge wie Kleidung, Spielsachen, Verhaltensweisen oder Eigenschaften nicht einem Geschlecht zugeordnet werden.“
Wer steckt hinter „Catcalls of…“?
„Ganz viele liebe Leute auf der ganzen Welt stecken hinter „Catcalls of …“ die zur Chalk-Back-Bewegung gehören. Viele fragen sich jetzt sicherlich „Was ist das?“ und das nicht unberechtigt, denn bei uns in Oberfranken ist die Materie „Catcalling“ noch nicht so durchgedrungen. Catcalling ist ein eigenständiger Begriff, der sexuell anzügliche, unangemessene, unanständige und unhöfliche Kommentare, Gesten sowie Übergriffe beschreibt. Zu Catcalling zählt auch hinterher pfeifen oder hupen.
Bei den „catcallsof“ Organisationen geht es nun darum, Catcalling-Geschichten anonym dort anzukreiden, wo sie passiert sind, um die Gesellschaft auf „Street harasment“ (= (sexuelle) Belästigung im öffentlichen Raum) aufmerksam zu machen, um geschlechtsspezifische Belästigung zu beenden.
Und damit sind wir nicht allein: Chalk Back Deutschland ist Teil der internationalen Chalk-Back-Bewegung. Genervt von alltäglichen Catcalls gründete die Studentin Sophie Sandberg den Instagram-Account „Catcalls of NYC“. Schnell zeigte sich, dass Catcalls nicht nur in New York ein Problem sind, sondern weltweit: Auf 6 Kontinenten, in 49 Ländern und in über 150 Städten kämpfen junge Menschen1 für einen gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Raum. Mit dabei sind zum Beispiel „Catcalls of London”, „Catcalls of Cairo” und „Catcalls of Delhi”, aber auch Universitäts- und Schulgelände wie „Catcalls of Calabasas High School” and „Catcalls of University of the West Indies”. Alle Accounts stehen im ständigen Austausch miteinander über nationale und internationale WhatsApp-Gruppen. „Chalk Back“ wurde nun außerdem als Non-Profit-Organisation angemeldet.
Auch bei uns in Oberfranken gibt es in den Landkreisen Bamberg (Instagram: @catcallsofbamberg ), Bayreuth (Instagram: @catcallsofbayreuth ), Coburg (Instagram: @catcallsofcoburg ) und Hof (Instagram: @catcallsofhof ) schon „catcallsof“-Aktivist*innen.
Wichtig ist mir hier anzumerken, dass Chalkback und alle catcallsof Accounts keiner Partei angehören. Meine Arbeit als Sprecherin der Grünen Jugend Oberfranken, hat nichts mit meiner Arbeit bei catcallsofhof zu tun.“
Was waren deine Beweggründe „CATCALLS OF HOF“ zu erstellen?
„Ich selbst habe schon Catcalling erfahren müssen – Stöhngeräusche aus einem Auto, dass neben mir an der Ampel hielt oder Pfiffe aus einem vorbeifahrenden Auto mit dem Zusatz „Lisa, du geile Schlampe“ oder Typen die mich angeblich nach Hause fahren sollen, weil mein Freund sie angerufen hat. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt, den ich erlebt habe, leider. Ende Oktober 2020 habe ich dann Catcalls of Bayreuth auf Instagram gesehen und habe mich mit der Materie „Catcalling“ mehr auseinander gesetzt. Daraufhin habe ich geschaut ob es für Hof schon einen Account gibt, weil ich gerne meine Geschichten auch teilen möchte, um zu zeigen, dass so etwas auch bei uns „auf dem Land“ passiert. Da es keinen Instagramaccount gab, habe ich einen erstellt, woraufhin ich von chalkback.org angeschrieben wurde, weil ich mich zu erst registrieren müsse, bevor ich als offizieller catcallsof Account gelte. Gesagt getan, ich habe mich registriert und wurde bestätigt und führe nun seit November 2020 die Instagramseite @catcallsofhof . Noch konnte ich nicht viel ankreiden – wetterbedingt und coronabedingt. Aber die Kreide steht bereit und wartet auf Geschichten.“
Weitere Infos zum Aktionsmonat und verschiedenste Onlinebeiträge rund um das Frausein gibt es auf den Social-Media-Kanälen der Grünen Oberfranken sowie aller teilnehmenden oberfränkischen Kreisverbände der Grünen.
1 88% der Teilnehmer sind unter 25 Jahre alt und 54% sind unter 18 Jahre alt.
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